In Augsburg in der Kirche St. Peter am Perlach befindet sich seit dem 17. Jahrhundert das Bild von Maria als Knotenlöserin. Die Taube über dem Kopf Mariens symbolisiert, dass sie ganz vom Heiligen Geist erfüllt ist, wie der Erzengel Gabriel bei der Verkündigung angekündigt hat: „Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ In der ungebrochenen Verbindung zur Quelle der Schöpfung schenkt sie dem Schöpfer des Lebens selbst das Leben. Dieses göttliche Leben lebt ununterbrochen in ihr. Damit ist sie das Gegenstück zum Bösen. Dies wird damit symbolisiert, dass sie mit ihren Füßen die Schlange zertritt.
Auf der einen Seite von Maria – rechts im Bild - steht ein Engel, der ihr ein Band reicht, in dem sehr viele Knoten sind. Auf der anderen Seite hält ein Engel das von Knoten freie und nun glatte Band.
Tagein tagaus kommen viele Menschen, um vor diesem Bild zu beten. Über die Jahrhunderte hinweg sind es unzählige Menschen, die hier Maria ihre Sorgen und Nöte anvertraut haben. Maria kennt das Leben mit allen Höhen und Tiefen. Sie weiß um Obdachlosigkeit, um Bedrohung des eigenen Lebens durch den König: Maria und Josef und das Jesuskind fliehen nach Ägypten, in ein Land, dessen Sprache sie sicherlich nicht sprechen konnten. Sie kennt die Sorge um den vermissten Sohn nach einer Wallfahrt nach Jerusalem. Sie feiert das Leben und erlebt, wie Jesus dem Brautpaar 600 Liter köstlichen Wein schenkt. Sie befürchtet, dass Jesus sich überarbeitet und keine Zeit zum Essen und Ausruhen hat. Sie erlebt, wie Jesus unzählige Menschen an Leib und Seele heilt und wie er in die Auseinandersetzung mit den Pharisäern und Schriftgelehrten geht. Sie muss miterleben, wie man Jesus einen kurzen Prozess macht und dann ermordet. Wir dürfen davon ausgehen, dass sie auch eine Begegnung mit dem Auferstandenen erlebte, und auch bei der Sendung des Heiligen Geistes am Pfingstfest mit dabei war.
Die Menschen wissen: Maria kennt das Leben. Zu ihr kann ich mit meinen Sorgen, Ängsten und offenen Fragen, mit den symbolischen Knoten in meinem Leben und in meinen Beziehungen, mit Krankheiten an Leib und Seele, hingehen. Sie versteht mich und schenkt mir neue Kraft, Einsicht und Ideen, gestärkt wieder in meinen Alltag zurückzugehen und mein Leben voller Zuversicht wieder in die Hand zu nehmen. Ich wünsche Ihnen, dass das Bild der knotenlösenden Maria auch Ihnen hilft, in dieser bedrängenden Zeit bei Maria Geborgenheit und Stärkung zu erfahren.
Pfarrer Christoph Graaff