Leitartikel des Weggefährten Juli-August 2023

In ihren letzten Lebensjahren war meine Oma auf den Rollstuhl angewiesen, wodurch der Radius ihres Alltags recht eingeschränkt wurde. Umso mehr freute sie sich, wenn ich mit ihr „einfach mal so″eine Tour mit dem Auto in die Eifel unternahm. Ich freute mich auf die gemeinsame Zeit mit meiner Patenoma und das Autofahren. Oft fuhren wir einfach ohne konkretes Ziel.

Oma schaute aus dem Fenster und erinnerte sich an Ortschaften und Menschen. Auch sie liebte diese Fahrten – und sie erzählte mir oft, wie sie noch wochenlang erfüllt war von den Erinnerungen an Sonne, Landschaft, Gespräch und Gemeinschaft. Im Auto sitzend konnte sie auftanken und neue Lebensenergie schöpfen.

Genau wie die Maus Frederick in der bekannten Bildergeschichte von Leo Lionni: Sie sammelt nicht Nahrung für den Winter, sondern die wärmende Erinnerung an Sonne und Sommer, an kraftvollen Farben und blühende Lebendigkeit, an Schönheit und Fülle und Frieden. Und von diesen Erinnerungen zehrt nicht nur Frederick, sondern alle seine Mausfreunde – und so kommen sie alle mit Leichtigkeit durch den Winter.

Wir brauchen alle immer wieder solche Tankstellen, Zeiten der Erholung und Regeneration von Lebenskraft und Lebensmut. Viele von uns finden gerade in den Sommerferien solche Aus-Zeiten – sei es zu Hause oder unterwegs, am Meer oder in den Bergen, bei einem Abenteuerurlaub mit dem Rucksack oder bei einer Städtereise, alleine, mit der Familie oder einer Reisegruppe.

Zum Reisegepäck für einen frohen und erholsamen Urlaub gehört neben den vielen Dingen, die wir täglich brauchen, auch das Folgende: Geduld, Humor, Vergessen aller häuslichen Sorgen und die Bereitschaft, sich durch kleine widrige Zufälle, Schwierigkeiten, schlechte Kost und dergleichen die Freude nicht verderben zu lassen. Und vergessen wir den nicht, der für uns Quelle aller Freude, aller Liebe, aller Lebensfülle ist: Gott selbst. Denn so wie unser Körper braucht auch unsere Seele Erholung und neue Begegnungen. Die Begegnung mit Gott kann auf vielfache Weise geschehen: in der Begegnung mit seinem Schöpfungswerk in der Natur, im stillen Verweilen in einer Kirche, beim Lesen aus der Heiligen Schrift, bei einem Gottesdienst, in der stillen Stunde des Nachdenkens oder bei einer Wallfahrt wie z. B. nach Kevelaer.

Damit das Ganze auch gelingt, bitten wir Gott um seinen Segen: Herr, in diesen Sommertagen schenkst du uns Freude: Wir sind von der Bürde der Arbeit entlastet. So können wir die Schönheit deiner Schöpfung erfahren und neue Kraft für den Alltag sammeln. Gewähre, dass wir die Zeit nutzen und durch unsere Erlebnisse und Begegnungen bereichert werden. Schütze uns vor allen Gefahren des Leibes und der Seele. Lass uns gesund und froh heimkehren. Darum bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.

Michael Datené, Pfr.