In wenigen Tagen feiern wir die Karwoche. Laut Duden stammt die Vorsilbe „Kar-“ vom althochdeutschen Wort „Kara“. Kara bedeutet: Klage, Trauer, Sorge. Das Wort ist mit dem englischen „Care“ verwandt. Care bedeutet: Sorgen, sich kümmern, fürsorglich sein...
Mir fällt beim Wort „Care“ sofort das CARE-Paket ein. Vor 75 Jahren, kurz nach dem II. Weltkrieg, wurden ganz viele davon in Europa verteilt. Auch hier in unserer Region. Meine Oma Luise hat mir davon oft erzählt. Damals lag in weiten Teilen Deutschlands alles in Schutt in Asche. Auch ihre Familie litt Not. Der Hof war zerstört, ein Bruder gefallen, ein anderer in Gefangenschaft, die anderen Geschwister noch klein. Dafür die Sorgen der Eltern riesengroß.
Und dann kamen die CARE-Pakete. Meine Oma Luise wusste noch Jahrzehnte später, was da für tolle Sachen drin waren: Lebensmittel, wie Peanutbutter, Schokolade, Kaugummi; dazu Saatgut, Spielzeug und natürlich Kleider, warme und bunte Sachen, von denen Kinder sonst nur träumen konnten im tristen Nachkriegsdeutschland. Vor allem aber hat Oma Luise nie vergessen, welche Botschaft ein solches CARE-Paket mitbrachte: „Da denkt jemand an mich. Da kümmert sich jemand um meine Not. Da hat jemand Mit-Leid mit mir und teilt meine Sorgen.“
Mir gefällt der Gedanke, dass die KAR-woche so etwas wie Gottes „CARE-Paket“ für mich ist. In den alltäglichen Sorgen bringt sie uns die Botschaft, dass Gott uns nicht vergessen hat. Er geht nicht einfach über unsere Nöte hinweg. Er geht mitten hinein. Trägt unser Kreuz mit uns. Hat Mitleid. Und gibt am Ende alles hin, selbst seinen Sohn. Damit wir leben können. Damit wir nicht vergessen, wie wertvoll wir ihm sind.
Im Namen des Pastoralteams darf ich Sie einladen, auch in diesem Jahr der Corona-Pandemie die Liturgie der Karwoche mit uns zu feiern. Sei es in einer unserer Kirchen oder, wenn Corona es nicht zulässt, auch daheim vor dem Fernseher oder bei einem Live-Stream im Internet. Es gibt so vieles darin zu entdecken, das die Seele nährt und das Herz warm macht….
Los geht es mit dem Palmsonntag: Jesus zieht auf einem Esel in Jerusalem ein. Seine Ankunft wird zum Triumphzug, ein Bad in der Menge. Die Menschen feiern ihn als ihren Messias, den Erlöser. Sie schwenken Palmzweige und rufen: „Hosianna!, Hilf doch!“
Schon kurz darauf ziehen dunkle Wolken auf. Montag, Dienstag, Mittwoch: Jesus sorgt für Streit in der Stadt, für Tumult im Tempel. Das Blatt wendet sich. Es wird kritisch.
So gehen wir in das „Triduum Sacrum“- Die „Drei Österlichen Tage“. Es sind nicht etwa drei verschiedene Gottesdienste, die hier gefeiert werden, sondern eine gottesdienstliche Einheit - ein Gesamtpaket, ein CARE-Paket.
Am Gründonnerstag feiert Jesus noch einmal in seinem Freundeskreis ein letztes Abendmahl. Judas, sein Freund und Verräter, sitzt mit am Tisch. Dann geht es Schlag auf Schlag: Jesus wird verhaftet, verhört, als Gotteslästerer und Unruhestifter zum Tod verurteilt.
Karfreitag, drei Uhr Nachmittag. Jesus hängt tot am Kreuz. Ein Erbeben erschüttert die Stadt, die Sonne verfinstert sich, der Vorhang im Tempel reißt entzwei. Die Hoffnung der Welt liegt in Schutt und Asche. Alles aus. Oder doch nicht?
Nein. Denn die Karwoche endet mit Ostern, der größten Hoffnung überhaupt: Gottes Kraft ist stärker als der Tod. Am Ende siegt das Leben. Und mitten in der Dunkelheit der Osternacht geht uns ein Licht auf: In diesem Jesus von Nazareth hat Gott sich unser angenommen. Er ist da. In guten und in schlechten Zeiten. Oder auf Englisch gesagt: God took CARE for us.
Pfr. Raphael Häckler