Leitartikel des Weggefährten Oktober 2021

Der Glauben - kein Fremdkörper, sondern in der Mitte des Menschen

2021-10_Leitartikel (c) Caren Leuchter
2021-10_Leitartikel
Datum:
Mi. 22. Sep. 2021
Von:
Margot Karenfort

Der christliche Glauben verdunste, wird immer wieder beklagt.

Glaubensinhalte seien selbst Christen, die regelmäßig am Leben ihrer Kirche teilnehmen, nicht mehr geläufig; der jüngeren Generation seien sie mehr und mehr fremd.

In der Tat bedarf der Glaube wie alles Lebendige der Pflege, um nicht zu verkümmern.

Doch was ist die richtige Pflege? Darüber gehen die Meinungen auseinander.

Den einen mag eine Auffrischung ihres Glaubenswissens mittels Gesprächsabenden über den Katechismus helfen; andere lässt gerade die "objektive Juristensprache" des Katechismus völlig ratlos zurück.

Ja, Glaube ist weniger ein Wissen als ein Weg.

Wie man auf diesem Weg gelangt und wie man ihn geht, das dürfte je nach eigener Lebenssituation sehr unterschiedlich sein und schwieriger als zu Großeltern-Zeiten.

"Glaube wird in der Personenmitte des Menschen vollzogen", so der Religionsphilosoph Romano Guardini.

Und weiter sagt er: "Glaube bewirkt den Umbau des Wirklichkeitsbewusstseins."

Der Glaube eröffnet eine neue Perspektive auf die Welt, die Menschen und uns selbst, indem diese Wirklichkeiten nicht für sich betrachtet werden, sondern in Beziehung, ins Verhältnis gesetzt werden zu Gott, der der allumfassende Grund aller Wirklichkeit ist.

Der Apostel Paulus vergleicht das Licht, das im Glauben aufgeht, mit dem Licht des ersten Schöpfungstages: "Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung." (2. Kor. 5,17)

Paulus ist bewusst geworden, dass den Menschen, die sich nicht selbst erlösen können, Rettung von Gott geschenkt ist über den Tod hinaus.

Man kann dem Bild von der Verdunstung des Glaubens auch etwas Positives abgewinnen. Wenn aus Meerwasser durch Verdunsten Salz gewonnen wird, dann wird Wasser entzogen und es bleibt das Salz. Das verdunstende Wasser reichert die Luft an.

Vielleicht erleben wir auch beim christlichen Glauben gerade einen ähnlichen Vorgang.

Die Welt, in der die Jünger*innen Jesu "Salz der Erde" sein sollen, ist keineswegs eine glaubenslose Welt.

Der Einsatz für Flüchtlinge und die Armen dieser Welt, der Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung, für eine lebenswerte Welt, auch das ist gelebter Glaube.

Auch darin entdeckt der Glaube dankbar das Wirken des Geistes Gottes.

 

Glaube - kein Fremdkörper, sondern in der Mitte des Menschen.

 

Ihr Pfarrvikar Guido Mönchhalfen.