Corona Erfahrungen

8906_bitte_abstand_halten_by_peter_weidemann_pfarrbriefservice (c) Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
8906_bitte_abstand_halten_by_peter_weidemann_pfarrbriefservice
Datum:
Mo. 27. Apr. 2020
Von:
Julia Meuser-Romano

Stille Ostern aus dem Herzen Eschweilers

Wie waren und sind meine Erfahrungen in der Corona-Krise?

Immer noch stehe ich kopfschüttend vor der Tatsache, wie ein unsichtbar kleines Virus das gesamte alltägliche Leben unserer Gesellschaft und all ihrer Einrichtungen einschließlich unserer kirchlichen Vollzüge auf den Kopf stellen kann. Und ich muss zugeben, dass ich die Bedrohung und ihre Auswirkungen anfangs nicht so schwerwiegend und weitreichend eingeschätzt hätte.

Ich trauere um die Menschen, die erkrankt sind oder sogar ihr Leben lassen mussten. Ich verstehe die Angst vor einer Ansteckung – oftmals richtet sie sich ja nicht auf die eigene Person, sondern gilt vielmehr den Angehörigen und Mitmenschen. Ich leide mit denen, die mir von ihrer Verzweiflung berichten angesichts von tragischen familiären oder wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise. Ich staune aber auch voller Dankbarkeit über das großartige Engagement so vieler Menschen für einander. Ich freue mich mit denen, die die Krankheit unbeschadet überleben. Und ich feiere vor allem, dass in unserer Gesellschaft eine neu geweckte Sehnsucht nach Sinn und Halt im Leben, ja sehr oft sogar eine bewusste Suche nach Gott zu spüren ist. Gerade die Kar- und Ostertage führen uns wieder neu vor Augen, was der Kern unseres christlichen Glaubens ist: „Jesus ist der Stein, der von den Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden.“ (Apg 4,11 f.)

 

Mit großer Freude und Dankbarkeit schaue ich persönlich zurück auf die Feier der „stillen Gottesdienste“ an den Kar- und Ostertagen in diesem Jahr. Durch das Verbot aller öffentlichen Gottesdienste haben wir nach anderen Wegen gesucht. So entstand einerseits die Idee, meine täglichen Messfeiern aufzunehmen und ins Internet zu stellen. Und andererseits haben wir versucht, die Gottesdienste für die großen Festtage so vorzubereiten, dass auch die Menschen zu Hause bei den geplanten Liveübertragungen nicht nur Zuschauer wären, sondern durch eigene Vorarbeiten und Aktionen daheim zu Mitakteuren werden und als solche wirklich mitfeiern können. Durch die Mithilfe zahlreicher Helferinnen und Helfer konnte so eine wirkliche Gottesdienstgemeinschaft erstehen, die für mich tatsächlich auch während der Feiern deutlich spürbar gewesen ist. Ich hatte tatsächlich viele konkrete Gesichter und Menschen vor Augen, von denen ich wusste, dass sie dabei sind und mitbeten – aus all unseren Gemeinden und zum Teil auch weit darüber hinaus. Viele gute Rückmeldungen haben uns Mut gemacht und in unserem Tun bestärkt.

 

Neben den Gottesdiensten hatte ich in den Corona-Tagen etwas Zeit gefunden für einige Gespräche am Telefon, über elektronische Medien oder unter vier Augen, für die ich auch sehr dankbar bin: Manche Besuche bei Kranken, mancher Austausch über die Kraft des Glaubens und die Situation der Kirche vor allem hier in unserer Stadt, mancher Ideenaustausch über alte und neue Initiativen, manches gemeinsame Brainstorming für anstehende Projekte, manche Rückmeldung und wohlwollende Kritik.

Bei aller Betroffenheit über die tragische Situation und die Not so vieler Menschen in den Erschütterungen dieser Corona-Krise, so habe ich persönlich dennoch gerade auch in den letzten Tagen und Wochen neu gelernt, auch in der Dunkelheit das Licht der Hoffnung und Zuversicht zu suchen und zu finden. Mehr denn je bin ich überzeugt: Jesus Christus ist Sieger, er erhebt sich über Sünde, Leid und Tod – und wenn wir ihn erhöhen, wird er alle zu sich ziehen (vgl. Joh 12,32).

Michael Datené, Pfr.

 

 

Private Erfahrung

Ich bin so gewöhnt an meine Annehmlichkeiten, meine Freizeitgestaltung, meine religiöses Leben in der Gemeinde, meine Arbeit…

Und dann wird auf einmal alles anders, erst ganz langsam, da betrifft es mich noch nicht wirklich, aber dann mit Wucht.

Freizeitgestaltung nur noch mit der Wohngemeinschaft

der letzte gemeinsame Gottesdienst

Hochspannung auf der Arbeit- zwei Kitas mit Notbesetzung

Zuhause werden alte Rituale wichtig: das Tischtennisspielen regelmäßig nach der Arbeit zum Abschalten, Telefonkonferenzen mit Freunden, in der Familie regelmäßige Nachfragen, ob es allen gut geht, kleine Symbole für Nachbarn basteln. Wir haben alle ein Herz ans Fenster geklebt, auch die Nachbarn gegenüber- so denkt man aneinander. Die Feuerwehr, die durch Aachen fährt mit einem Lied: „Und immer, immer wieder geht die Sonne auf“ - da kommen schon mal die Tränen, das berührt.

Gottesdienste am Sonntag im Fernsehsessel sind gewöhnungsbedürftig; Impulse, die Freunde entdecken und übers Handy schicken, tun gut. Viele kreative Ideen tun sich in den Gemeinden auf. Das Läuten um 19.30 Uhr – innehalten und gemeinsam für alle beten, die es brauchen. Das morgendliche Lesen der Tagestexte schafft Verbindung mit vielen, die das auch tun und trägt durch den Tag. Leben aus dem Wort…

Achtsamkeit auf der Arbeit- jede Woche andere Kolleginnen und Kollegen, andere Aufgaben, andere Ängste. Die Kinder wechseln und es kommen noch welche dazu. Jeden Tag kann die Zusammensetzung anders sein. Auch für sie schwierige Zeiten, aber auch ruhige Zeit.

Und jeden Abend frage ich mich: hast du dich heute selber irgendwo angesteckt. Ich bin nicht ängstlich, aber doch angespannt. Dieses Neue wird langsam zur Routine. Gut so. Ich werde wieder ruhiger, ganz langsam. Noch bin ich nicht betroffen. Nun hoffe ich schon auf Lockerung. Was werde ich gerne mitnehmen in die Zeit „danach“? Die Verbundenheit mit den Nachbarn vielleicht, die kreativen Ideen, den Glauben lebendig zu halten und vielleicht die Achtsamkeit und Ruhepausen in der Arbeit?

Ursula Theißen

 

 

 

Quarantäne in Corona-Zeiten

Am 26. März die Nachricht: Corona-Infizierte in unserem Kloster! Also: 14 Tage Quarantäne für uns alle. Termine aus dem Kalender streichen, ab sofort Verlassen des Hauses untersagt. Zur Vorsicht Abstand halten voneinander. Von jetzt auf gleich verändert sich alles. Leben ist nicht berechenbar. In den Nachrichten immer wieder Meldungen über Corona-Infizierte und Menschen, die an dem Virus sterben. Horrorszenarien in vielen Ländern. Wo ist Gott in alledem? Wir feiern Karfreitag – in diesem Jahr ohne eigenen Gottesdienst. Jesus macht sich solidarisch mit allen Leidenden dieser Erde. Ich denke an Menschen in Flüchtlingslagern und Kriegsgebieten. Wie viel komfortabler ist meine Situation hier – auch in Quarantäne! Und schließlich: Ostern findet statt, trotz allem. Das Leben ist stärker als der Tod. Diese Botschaft kommt an. In diesem Jahr mehr als je zuvor! Wie gut, dass es für den Auferstandenen keine Grenzen gibt. Auch nicht das Corona-Virus!

Sr. Martina

 

 

 

Auf(er)stehen, die Zeit ist da!!!

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen:

Zwischen Ohnmacht und Neuorganisation des täglichen Lebens gefangen zu sein, ist ein erdrückendes Gefühl. In dieser Zeit habe ich oft an Jesus gedacht. Und er hat es tatsächlich gehört:

Er hat mich an die Hand genommen und mir beigebracht, für mich selbst einzustehen und nicht einfach den Kopf in den Sand zu stecken. Meine Familie hat es verdient, das Leben jetzt anders, aber als neue Chance zu nutzen. Liebe kann auch ein Virus nicht zerschlagen – es bewirkt sogar genau das Gegenteil! Auch du hast es dir verdient!

Und wenn wir uns daran erinnern, was Jesus für uns alles auf sich genommen hat? Er wurde für uns geboren, von den Seinen verraten, gefoltert und schließlich gekreuzigt... und er hat nicht geklagt, er hat das gerne auf sich genommen. Für mich, für meine Familie, für dich, für alle Menschen dieser Welt. Das ist nicht umsonst gewesen; gerade in dieser Zeit zu Ostern gedenken wir seiner. Ein komischer Zufall, dass das Virus jetzt um Ostern seine Macht demonstriert und ich am Karfreitag diesen Bericht schreibe. Doch solange ich lebe, biete ich ihm, dem Virus, die Stirn! Denn Jesus hat uns gezeigt, wie es geht:

AUF(ER)STEHEN

Und das versuche ich aus tiefstem Herzen: Auf(er)stehen! Anpacken! Machen!

Mit sich selbst ins Reine kommen – die Seelsorge im Krankenhaus, die das Virus auch auf dem Gewissen hat, auf das eigenen Umfeld richten. Das ist wie das Aufrecht-Hinsetzen und Atmen. Wenn das geschafft ist: Hintern hoch und dem Nächsten helfen beim Einkaufen, Zuhören, Organisieren... beim Alltäglichen halt. Das ist ein kleines Auf(er)stehen: ich will nicht ohnmächtig oder tot bleiben, nein, wir glauben an etwas anderes, viel Tieferes, das nichts stoppen kann!

 

Was in dieser Zeit, in diesen letzten kräftezehrenden Wochen entstanden ist, ist (alle Ängste vor Jesus geladen, denn der ist viel größer als alle Ängste) wie eine weitere Schöpfung: über allem die neu gewonnene Zeit mit der Familie, eine viel bewusstere und intensivere Zeit, die gar nicht in Chaos ausgeartet ist. Die Familie ist „entschleunigt“, diesen ewigen Zeit- und Leistungsdruck endlich los! Obwohl wir durch die (körperliche) Kontaktsperre auf eine Art eingesperrt sind, sind wir befreit! Gemeinsam wird wieder viel bewusster ein Spaziergang gewagt – neue Spiele ausprobiert, gebacken, gebastelt, gesungen und vor allem: gelacht! Natürlich fehlt die Nähe zur weiteren Familie und den Freunden, doch die sind auch noch da und durch technische Möglichkeiten auch immer präsent und erreichbar. Und die Tage werden vorübergehen. Vertrauen wir darauf! Wir haben so viele Möglichkeiten:

-zum alten Telefonhörer oder zum Briefpapier greifen

-über WhattsApp Bilder austauschen oder Videoanrufe tätigen

-wir haben Zeit für uns, wann hat man diesen Luxus schon?

-jemandem etwas vor die Tür bringen

-einfach aneinander denken

-Dinge, die noch nicht rein sind, können wir jetzt rein machen – ein bisschen wie eine „irre Zeitreise durch das eigenen Leben“, vor der man keine Angst haben muss, denn Jesus starb schon für unsere Sünden. Wer rein sein mag, muss erst baden gehen sozusagen

-virtuelle Messen und emphatische Geistliche und die Kirche, die jetzt auf andere Weise da sind (danke dafür, dass ihr so viel bewegt habt für die Gemeinde!)

-andere abholen und mitreißen:

das Virus hat auch den ESBN (Seelsorge für die Nacht) im Krankenhaus „gefangen“. Dort kann ich nichts tun derzeit. Aber ich kann die „Kerze-für-alle“ entzünden - mein persönlicher kleiner Dienst für Jesus und Gott: beim Entzünden der Kerze in St. Peter und Paul kam mir der Gedanke: Warum die Sorgen, Ängste, Hoffnung der Freunde und Bekannten nicht einfach gleich mitnehmen? Es gibt viele, die jetzt nach Gott suchen, sich vielleicht nicht in seine Festung trauen, zögern oder es schlicht und ergreifend einfach gerade nicht schaffen. Doch der Herr liebt alle seine Kinder, ausnahms- und bedingungslos und nach zaghaften Anfängen melden sich tatsächlich Freunde, Bekannte mit ihren Anliegen und ich trage sie mit zu Dir, Herr - wie ein kleiner Botendienst. Virtuell als Foto kehrt die entzündete Kerze dann zu den Entzündern zurück und fungiert so als Hoffnungsträger. Das ist genau das, was ich leisten kann derzeit. Und die Kinder wissen auch: Mama macht die Hoffnungskerze an ;-)

All diese Dinge mit vor Jesus bringen, der uns immer fragt: Wie geht es Dir? Dort genau gehört es hin. Zu dem, dem man alles anvertrauen kann und der unser Vertrauen verdient hat, dass auch das vorübergeht und Gott das richten wird. Dass es vielleicht nicht mehr wird wie vorher, aber das heißt ja nicht, dass es schlechter wird. So viele schöne kleine Dinge sind entstanden.

Zusammengefasst würde ich sagen:

Gott ist uns auf einmal greifbar, denn er sitzt mitten im Herz – am hellichten Tag mit viel Trubel und Heiterkeit – aber auch nachts, wenn dunkle Träume und Sorgen anfangen, groß zu werden. Er ist mitten unter uns, jetzt noch viel stärker und lauter, man kann ihn schreien hören...

Dafür lieben wir Dich, Herr, und dafür stehe ich jederzeit wieder auf!

 

Birgit Brand